Das gefährliche Leben zwischen Kastanien

Der Herbst ist die Jahreszeit der Kürbisse und des Nebels, der gelben und roten Blätter, die Zeit von Sankt Martin, Erntedank und Halloween. Und er ist die Jahreszeit des Donk. Das ist das Geräusch, das Kastanien machen, die vom Baum fallen und auf Autos treffen. Donk machen die herabfallenden Kastanien am liebsten nachts, wenn man gerade eingeschlafen ist. Donk, kurze Pause, Donk, noch eine Pause, D-Donk, längere Pause, dazwischen ein kleines Miau, dann: Donk-de-Donk... Donk, Donk, Erntedonk. Wer in einer Gegend mit vielen Kastanienbäumen lebt, überlegt jedes Jahr im Herbst kurz, seinen Fahrradhelm zum Spazierengehen herauszuholen, um den Gedanken dann doch wieder zu verwerfen. Es sähe einfach blöd aus, ohne Fahrrad, also noch etwas blöder als es mit Fahrrad schon aussieht. Irgendwie verweichlicht. Also geht man unbehelmt, höchstens leicht bemützt nach draußen, auf der Hut vor dem Anschlag von oben. Und da! Hinter Ihnen, schräg links: De-Donk!
Donk, Donk, Erntedonk.
Vor einer Weile fand in Neath in Wales ein Krippenspiel statt. Die Darstellerin der Maria wollte, wie es der alte Brauch vorsieht, auf einem Esel einreiten. Zu Jesu Zeiten gab es relativ viele Esel, heute gibt es relativ viele Vorschriften, und es gibt Versicherungen. Die Haftpflichtversicherung der Krippenspieler in Wales schreibt vor, dass Menschen, die auf Eseln sitzen, einen Helm zu tragen haben, Authentizität hin oder her. Man einigte sich darauf, die Darstellerin der Maria darum mit einem Helm auszustatten. Um die Optik authentischer zu gestalten, trug sie über dem Helm ein Tuch. Es sah ein bisschen nach einem Eselrennen aus, aber gut, moderne Inszenierungen sind ohnehin meist nicht so sehr an historischer Genauigkeit ausgerichtet.
Ein gefragtes Accessoire sind Helme hierzulande nicht gerade. Wer sich vor herabfallenden Kastanien schützen will, ohne sich ins modische Abseits zu bewegen, muss also auch bei Herbstsonne den Regenschirm aufspannen. Oder bis zum Winter zu Hause bleiben. Oder sich etwas überlegen. Auf einem Esel reiten, samt Helm und Tuch darüber, wäre möglich, aber doch eher abwegig. Vielleicht ein Alibifahrrad neben sich schieben, was den Helm rechtfertigen würde? Ginge auch. Überlegen Sie sich doch mal was. Und freuen Sie sich, dass Sie nicht neben einem Kokospalmenhain wohnen.